Bereits zum sechsten Mal rief die Bundesakademie Weinheim 150 Gäste zu ihrem Brotforum zusammen, darunter Wissenschaftler und führende Unternehmer der Backbranche, viele davon auch Brot-Sommeliers. Nach einem stimmungsvollen Vorabendtreff bei Brot und Wein gab es tiefe Einblicke, viele nachdenkliche Töne, aber auch einen sehr optimistischen Blick auf die Zukunft.
Auch beim sechsten Durchgang des Weinheimer Brotforums trafen sich viele bekannte Gesichter der Brotbranche in der Bundesakademie. Die Veranstaltung war mit 150 Gästen aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Belgien und der Schweiz ausgebucht. Schon der traditionellen Vorabendtreff bei Brot und Wein sorgte für viele anregende Gespräche. Beim Brotforum selbst beleuchteten zwölf Protagonisten die Entwicklungen der Branche von allen Seiten.
Nach der Eröffnung durch Direktor Bernd Kütscher, der aktuelle Marktentwicklungen nebst Zahlen zum Brotmarkt präsentierte, übernahm Prof. Michael Kleinert als Moderator das Wort. Er zeigte einen Wertewandel auf und regte an, diesen durch Regeneration und Genuss-Kommunikation für sich zu nutzen. Anschließend präsentierte Leiterin des Bundeszentrums für Ernährung Dr. Margareta Büning-Fesel hochinteressante Studien zur Zukunft der Ernährung. Demnach hat Brot als pflanzenbasiertes und damit besonders nachhaltiges Lebensmittel große Zukunftschancen. Dass dies insbesondere für das handwerkliche Brot gilt, hatte Bernd Kütscher zuvor bereits mit konkreten Zahlen zur Klimabelastung verschiedener Lebensmittel belegen können: „Das Brot des regionalen Bäckers ist Klimaschutz pur“.
Im zweiten Vortragsblock waren drei Best-Practise Beispiele zu erleben. Zuerst Klaus Borchers, der die derzeitige Krise mit Blick auf die vielen Krisen in seiner 175-jährige Firmengeschichte relativierte. In der Folge rief er zu mehr Gelassenheit im Umgang mit den aktuellen Herausforderungen auf, zeigte aber auch, worauf es ankommt, um langfristig am Markt zu bestehen. Steffen Leonhardt stellte anschließend vor, wie er seine Bäckerei aus prekären wirtschaftlichen Umständen zum Erfolg führte. Ein Baustein dabei war „New Work“, dabei u.a. die Möglichkeit einer 4-Tage-Woche für sein Team. Sehr bewegend fanden die Gäste des Forums auch die Ausführungen von Frank Silvanus, der offen seinen Werdegang schilderte, welcher zum Burnout und zur Insolvenz seiner Bäckerei führe. Heute betreibt er eine neue Bäckerei, die nur samstags und sonntags öffnet, mit kleinem Sortiment und großem Erfolg. „Ich habe mir die Freiheit genommen, lieber weniger zu machen, aber das wenige richtig gut“, so Silvanus. Dass die genannten Erfolge sehr viel mit Qualität zu tun haben, konnten die Gäste auch in den Pausen erleben, wo die Protagonisten jeweils ihre Brote zur Degustation aufschnitten.
Im Zuge einer Podiumsdiskussion stellten sich anschließend Sophie Hinkel, Jochen Baier und Peter Görtz - alles sehr bekannte Persönlichkeiten der Branche - den Fragen des Moderators sowie des Publikums. Sehr offen schilderte Peter Görtz dabei auch die Motive, die zum Verkauf von 70 % seiner erfolgreichen Bäckerei an einen Finanzinvestor führten. Sophie Hinkel zeigte eindrucksvoll auf, wie sie die großen Fußstapfen ihres Vaters mit neuem Schwung ausfüllt und dabei auch eine Veränderung der Unternehmenskultur erreicht hat. Jochen Baier verwies auf die Herausforderungen des Klimawandel. Seine Schlussfolgerung: „Die Zukunft der Landwirtschaft wird ökologisch sein“. Weitere Diskussionen drehten sich um die Frage, was das Handwerk ausmacht und wie es sich am Markt besser differenzieren kann.
Am Nachmittag lautete die Überschrift „Neue Wege für das Brot“. Dazu führte zunächst TikTok-Star Jo Semola aus, der als Hobbybäcker vor zwei Jahren sein erstes Rezeptvideo gepostet hat und heute als „Content Creator“ mit rund 700.000 Followern bei TikTok bestens vom Brot lebt. Sein Appell: „Nutzt die Chancen der Sozialen Netzwerke unbedingt für eure Bäckereien“. Im Anschluss thematisierte Axel Schmitt - der amtierende Weltbäcker des Jahres - seine Erfahrungen aus dem Fernsehen. Als führender TV-Bäcker in Deutschland informierte er die Gäste des Brotforums offen, worauf es ankommt und appellierte, zumindest auf die regionalen Medien zuzugehen: „Neben den vielen Fernsehköchen wird es in Zukunft auch viele Fernsehbäcker geben“. Zum Abschluss referierte Prof. Dr. Mario Jekle von der Universität Hohenheim über digitale Brote aus dem 3D-Drucker und weitere interessante Entwicklungen aus der Welt der Wissenschaft.
Am Ende der sehr inspirierenden Veranstaltung stand für alle fest, dass die Welt des Brotes viele spannende Facetten und ein hohes Potenzial für die Zukunft bietet.